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Australien (Fortsetzung)


Es ist das Land der Aborigines, deren Bevölkerungsanteil nur noch rund 2,1 Prozent beträgt. Viele leben in den Städten am Rande der Gesellschaft, von Alkohol abhängig. Sie mischten sich mit den ins Land gebrachten schwarzen Afrikanern.

Die Bevölkerung ist bunt gemischt. Etwa 20 bis 30.000 Jahre nach den Aborigines dürften die Chinesen als erstes an Land gegangen sein. Ihnen folgten indonesische Fischer und Händler sowie die Holländer auf der Suche nach Gewürzen und und exotischen Gütern, denen auch der englische Freibeuter, William Dampir, 1688 folgte.

Das Ende des 18. Jahrhunderts brachte eine Überfüllung englischer Gefängnisse. Nachdem die ungeliebten Insassen nicht mehr in den wilden Westen abgeschoben werden konnten, ging 1787 der erste Gefangenentransport nach Australien. Insgesamt 172.000 Sträflinge wurden deportiert, und das konnte schnell gehen. Denn schon zwei gestohlene Hühner wurdenThomas Hawel zum Verhängnis, galt es doch, neues Land, vor allem mit Engländern, für die Krone zu besiedeln.
Und so kann sich Englands Königshaus bis heute als Oberhaupt Australien behaupten, weshalb auf Australiens Zahlungsmitteln Englands Königin zu sehen ist, womit viele Australier wenig anfangen können. Mit dem Geld ja, aber nicht mit der.......


Keinen guten Namen machte sich das Land mit den Einwanderungsgesetzen, die erst 1973 geändert wurden. Der billige Chinese, der billige Nigger, der billige europäische Almosenempfänger musste außen vor bleiben. Es wurden fast ausschließlich großbritannische Einwanderer ins Land gelassen, was sich nunmehr sehr geändert hat, denn mittlerweile sind nur noch 24 Prozent der Bevölkerung englischer Herkunft.

Australiens Ureinwohner, in ihrer Natürlichkeit durfte ich keine erleben, doch es gibt sie noch, die verschiedenen Aborigines-Stämme, welche durch die Weiten ihres Kontinentes wandern. Sie bezeichnen sich als die wahren Menschen und würden die Verbindung zu den übrigen nicht mehr wahren Menschen meiden. Insofern war ich froh, dass es zu keiner Begegnung mit den traditionell lebenden Aborigines gekommen ist. Die noch traditionell lebenden Aborigines benötigen keine Fernsprecheinrichtung. Sie können sich gut über weite Strecken verständigen und ihre Gedanken übertragen. Hat sich beispielsweise ein Jäger verletzt, dann treffen sie die geeigneten Maßnahmen, um mit der notwendigen Behandlung gleich beginnen zu können. Im Spurenlesen würden sie über für uns kaum begreifliches Wissen verfügen. So wäre es ihnen möglich, beispielsweise ein krankes Tier innerhalb der Herde zu verfolgen. Ihre Kultur gehört zu den ältesten und beständigsten der Welt. Doch für ein Einfinden in unsere Welt, dafür hatten sie einfach zu wenig Zeit.

Die Tötung eines Aborigines erschien noch bis Ende des 19. Jahrhunderts vielen Richtern als ein Kavaliersdelikt. Spät – allzu spät – wurden sie als Australier anerkannt und erst 1967 erhielten sie die Bürgerrechte. Berechtigte Gebietsansprüche wurden bis 1992 abgewiesen. Erst 1986 verfügte ein oberstes Gericht, dass bestehende Weideland-Pachtverträge keine Rechtsansprüche der Ureinwohner ausschließen. Noch kein Sieg für die Aborigines, aber doch wichtige Schritte zur Gleichstellung der schwarzen und weißen Australiern.

Viele Aborigines versuchen ihren Kummer im Alkohol zu ertränken. Eine weitere, kostenlose Berauschung bringt das Schnüffeln von Benzin. Vor allem junge Aborigines greifen zu dieser Droge, um dem tristen Dasein zu entfliehen. So erschreckend hoch wie die Kriminalitätsrate, so gering die durchschnittliche Lebenserwartung. Während der weise Australier sein Leben rund

77 Jahre (Mann) beziehungsweise 82 Jahre (Frau) genießt, so endet das eines Aborigines rund
20 Jahre früher. Auch, wenn die Aborigines wieder über 15 Prozent des Landes verfügen, so kann das Rad der Zeit nicht mit Geld und Landrückgabe zurückgedreht werden.


Es gab Spezialisten für die Heilkunde, für das Bauen ihrer Unterkünfte, zum Musizieren und so weiter. Wichtiges kam vor den Ältestenrat. Ein Anerkennen, nicht selbstbestimmter Vorgesetzter, liegt nicht in ihrer Natur. Auch wenn die Aborigines nicht viel arbeiten mussten und viel Zeit ihren kulturellen Handlungen widmen konnten, so war es doch ein hartes, entbehrungsreiches Leben, das ein Töten der Behinderten, aber auch schon mal der Neugeborenen, und ein Zurücklassen der Alten erforderte. Die Aborigines beerdigten ihre Hinterbliebenen in den großen Termitenbauten, die dann von den Termiten wieder verschlossen wurden. Die Termitenhügel sind ihnen heilig, viele wurden für Straßenbau und anderes zerstört.

Von den englischen Kolonialisten wurden die Aborigines zur Sklavenarbeit, beispielsweise zum Perlentauchen, gezwungen. Früher pflegten die Aborigines ihre Bilder. Jetzt lassen sie ihre Malerei verblassen, wodurch die anwesenden Geister eines natürlichen Todes sterben dürfen.


Für den ersten Teil der Reise waren wir 21 Personen aus 13 Nationen, die gerade so in den Geländebus passten. Den trockenen, heißen Tagen folgten manchmal auch recht kühle Nächte. Da kein Regen zu erwarten war, mussten respektive durften wir im Freien übernachten. Zunächst mal etwas ungewohnt, doch mein erster Eindruck: „Hier ist mehr Platz als im Zelt“. Doch man wird dann gleich recht bodenverbunden und der Blick in den klaren Sternenhimmel ließ uns ehrfürchtig werden.

Die Siedler übernahmen von den Aborigines die so genannte Brandrodung. Die gelegten Feuer lassen nur die Harthölzer überstehen, es bleibt eine eingeäscherte Ebene, die sich schnell in grüne Fläche verwandelt. Allerdings lässt diese Brandrodung keine schnell wachsenden Weichhölzer hochkommen, die wohl für eine Feuchtigkeitsabgabe und damit auch für mehr Regen notwendig wäre. Die sich stets auf Wanderschaft befindlichen Aborigines hatten einfach Feuer gelegt, um freie Flächen, auch frei von Insekten und Schlangen, zu erhalte. Tiere, die nicht mehr flüchten konnten, lagen gegrillt vor ihnen.

Australien, auch ein Land der Bodenschätze! Nachdem die Aborigines wieder Eigentümer großer Landstriche wurden, fordern sie ihre Rechte. Nunmehr sollten sie ihre Erlöse aus den vergebenen Schürfrechten nicht in Alkoholika umsetzen, sondern unternehmerisch beteiligt werden.

In Australien, schon vor Jahrmillionen von der Erdoberfläche abgedriftet, entwickelte sich eine eigene Tier- und Pflanzenwelt. Besonders bunt und lautstark sind die über 700 gefiederten Vetreter der australischen Vogelwelt.

In der Gemeinschaft von 378 Säugetierarten, ist das rote Riesenkänguru das größte, welches drei Meter erreichen kann. Richtig gefährlich sind natürlich die Süß- und Salzwasser-Krokodile, welche viele Australier zum Bau eines Schwimmbades bringen ließ. Entsprechend groß deren Wettkampferfolge. Allerdings gilt auch dort wie überall, die meisten Krankheiten bringen uns die ganz, ganz kleinen Tiere. Vor allem Kakadus und Papageien.

Australiens Wappentier, das Känguru, ist abgesehen von verwilderten Zebras und Kamelen, das größte Tier. Das Känguru selbst gibt es in neun Arten. Das Riesenkänguru erreicht eine Größe von bis zu drei Metern. Die Liebe der Australier zu ihrem Wappentier wird noch überboten von ihrer Liebe zu Fleischspeisen, wodurch ein millionenschwerer Industriezweig entstand.

Die Kängurus gehören zur gleichen Gattung wie unsere Mäuse und Ratten. Wir können hier wahrhaft von einer entfernten Verwandtschaft reden, immerhin von 16.000 Kilometern. Die Känguru-Damen gebären ihre Nachwuchs in Beuteln. Wenn es dem Jungen nach etwa neun Monaten zu eng und zu langweilig wird, verlässt er den Beutel und wird gewissermaßen zum zweiten Mal geboren.

Das Kaninchen erwarb sich den Ruf des Staatsfeindes Nummer eins. Der Jäger, Thomas Austin, ließ 1854 24 Kaninchen ins Land segeln. Die Kaninchen vermehrten sich wie die Karnickel.

Keine Zäune und keine strenge Bejagung konnten sie von ihrem Siegeszug über Australien abhalten. Die Kaninchen, aber auch die Hasen, wurden somit zu einem großen Nahrungsmittek-Konkurrenten.

Mit den von Weißen eingeführten Katzen und Füchsen kamen zum ersten Mal Raubtiere ins Land, gegen die sich einheimische Tiere nicht wehren konnten. Etwa 18 Tierarten starben innerhalb weniger Jahre aus. Wiederansiedlungen hatten Erfolg, beispielsweise wurde das Bürstenrattenkänguru von der Liste bedrohter Tierarten gestrichen. Vor allem von den Engländern eingeführte Hunde verwilderten und vermehrten sich zu den so genannten Dingos, die heute über Australiens Weiten jagen.

Der dickste Australier gehört auch zu den Neuansiedlern, der Boab-Baum. Vielleicht gelang es vor einigen Tausend Jahren einer aus Madagaskar angetriebenen Boab-Frucht, in Westaustralien Fuß zu fassen, wo sie heute verbreitet sind. In Afrika haben die Boabs, zumindest bei den Affen, einen guten Ruf, weil die Früchte ihr tägliches Brot sind. Doch auch die Aborigines verstehen es, den Affenbrotbaum zu nutzen. Wenn das Wasser knapp ist, dann zapfen sie den Baum an, auch dessen Nüsse sind genießbar.


Unsere Reise in Westaustralien führte von Darwin bis Perth durch die Kimberlys. Die Fahrten wurden durch sehr willkommene Querfeldeinwanderungen unterbrochen. Sei es zu Taleinschnitten mit Wasserläufen und kleineren Wasserfällen, wo wir auch schon mal ein Reptil sehen konnten.

Häuser, wenigstens so weit wir sehen konnten, wurden praktisch, quadratisch und geschmacklos errichtet, mit hervorragenden Umsätzen für die Wellblechlieferanten. Zwischen dem Wellblechdach und der Zimmerdecke wird nicht isoliert. Für das notwendige Kühlen ist eine Aircondition notwendig. Natürlich gibt es auch schmucke Wohnhäuser, aber doch nicht unbedingt mit gepflegtem Garten und Blumenschmuck, was wohl auch etwas mit der Trockenheit zu tun hat.

Im Land scheint es ziemlich ehrlich zuzugehen. Vielleicht haben die ehemaligen Sträflinge Angst wieder zurück nach Europa zu müssen, wenn sie erwischt werden. Die Chinesen machen alle Arbeit. Sie putzen so lange ein Einkaufszentrum, bis ihnen eines gehört, was sie nicht unbedingt beliebter macht. Wenn Menschen auf der Straße sitzen, oft mit der Flasche in der Hand, dann sind sie meist von dunkler Hautfarbe. Wir müssen ihnen die helfende Hand reichen, aber sie müssen diese auch annehmen.

Wegen Australiens Wasserfällen würde kein Schweizer den Scheibenwischer anstellen. Während der Schneeschmelze würden diese mehr Wasser führen, meinte ein Spaßmacher. Doch tatsächlich gibt es in Australien sichere Skigebiete, sicher durch die antarktischen Winde und heimischen Schneekanonen.

Und man geht ein paar Schritte ins Meer, angetan mit Schnorchel und Flossen und taucht in eine bunte Welt von bewegender und doch schweigender Schönheit. So, als wenn man in ein unendliches Aquarium blicken würde. Ja, wenn nur die Reise dorthin nicht so weit wäre!
Von einem Boot mit Glasboden blickten wir auf die Meeresschildkröten, die nur an die Küste kommen, um ihre Eier abzulegen, die sie dann von der Sonnenenergie ausbrüten lassen. Beim Anblick dieser Tiere sollte der Appetit auf Schildkrötensuppe vergehen, auch auf Haifischflossensuppe, auf Froschschenkel, Schnecken und Entenstopfleber.


Wir besuchten Strände, an die das Meer kaum Sand, sondern kleine Muscheln anschwemmt. Wir durften keine mitnehmen, doch in Sichtweite wurden diese im Tagebau abgebaut. Dort sahen wir auch lange Zäune, mit denen die Bilbis (kleine Säuger) und die Bodenbrüter vor Katzen und Füchsen geschützt werden. Mancherorts ist die Hauskatzenhaltung verboten, was sich in Mäusekreisen schnell herumgesprochen hat.

Beim Anblick der vielen Wohnmobile muss der Verdacht aufkommen, dass immer mehr Australier, kurz Aussies, durchs Land ziehen wie einst die Aborigines so von Lagerplatz zu Lagerplatz.

Als Dienstältester in der Gruppe fühlte ich mich wohl auch und gab auch schon mal Tipps beim Gehen durchs Gelände sowie bei leichten Klettereien. Das gemeinsame Früchte- und Salatschnippeln, Braten und Kochen fördert die Sprachkenntnisse und das Wissen, mit welcher Soße sich die verschiedenen Speisen auf einen multikulturellen Einheitsgeschmack bringen lassen.

Die Möglichkeit zum Waschen fand Grenzen. Bin schon froh, wenn es zum Zähneputzen nach dem Essen reichte. In drei Wochen haben wir über 4.000 Kilometer Westaustralien, von Darwin bis Perth, durchreist. Das entspricht einer Entfernung vom Nordkap bis Sizilien. Wir reisten sommerbekleidet ab und kamen mit langen Hosen und Anoraks an. Ob die lange Flugzeuganreise lohnt? Allzu viel gibt es doch ach so viel näher zu erleben. Aber wenn man bedenkt, wie lange wir mit einem Segelschiff gebraucht hätten?! Doch nunmehr war ich in fünf Erdteilen. Das nächste Mal geht’s woanders hin.

 

Carlo von Opel