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"Ich bleibe ein kritischer Mensch"



MEINUNG AM MITTWOCH:
Chio-Chips-Gründer Carlo von Opel äußert sich zu Streitthemen wie Ziegelhofbebauung und Kirchenfusion

Auch mit 80 Jahren ist Carlo von Opel noch in vielen Bereichen engagiert und mischt sich ein in aktuelle Diskussionen. Projekte, die ihm am Herzen liegen, kann der Unternehmer mit kritischer Distanz betrachten. Beim RHEINPFALZ- Besuch auf der Petersau bekennt er, ab und zu zu viele Chips zu essen.



Am Freitag beginnt die Fußball-Europameisterschaft, im Juli sind Olympische Spiele in Tokio. Als Funktionär sind Sie schon lange dem Sport verbunden: Ist das ein Sportsommer nach Ihrem Geschmack?

Ja schon. Ob die Spiele aufgrund der Corona-Pande\nie stattfinden sollten, darüber mache ich mir keine Gedanken. Das ist Sache der Virologen. Insgesamt finde ich, dass die Olympischen Spiele zu groß geworden sind und sich immer mehr von dem entfernen, was einmal der Grundgedanke war. Sie müssten einfacher sein. Profisportarten wie der Fußball oder Tennis haben andere Plattformen.



Deshalb wollen Sie als Präsident der Deutschen Olympischen Gesellschaft (DOG) Pfalz Kindern und Senioren Spaß an der Bewegung vermitteln?

Unbedingt, jeder weiß ja, warum. Vielen in diesen Altersgruppen fehlt Bewegung, die aber wichtig ist. Als DOG Pfalz haben wir schon Kindergarten- und Seniorenspiele, auch in Altenheimen, veranstaltet. Das Miteinander steht im Vordergrund. In der Gruppe ist immer der Anreiz da, an die Grenzen zu gehen, mehr zu leisten.



Von 1974 bis 1977 waren Sie Präsident des SV WaldhofMannheim. Wie kam es dazu?

Der Verein ist auf mich zugekommen. Ich war gar nicht so fußballinteressiert. Aber Chio, damals noch ein junges Unternehmen, war Sponsor des SV Waldhof. Ich wollte kein führendes Amt, aber da war ein Bewerber, den ich in dieser Position nicht so gerne gesehen hätte. Organisieren ist genau mein Ding. Noch heute halte ich den Vereinsaufbau des SV Waldhof für besser als beispielsweise den von Mainz 05. Sie haben Mitte Mai Ih ren 80. Geburtstag gefeiert. Wie halten Sie sic;h selbst fit? Ich mache Frühsport. Sonntags fahre ich oft mit dem E-Bike nach Bad Dürkheim. 30 Jahre lang habe ich an den Rhein-Touristik-Fahrten mit dem Rad teilgenommen und früher auch am Skimarathon.



Und was naschen Sie abends im Fernsehsessel?

Ja, da esse ich gerne Chips - ab und zu schon zu viele. Da geht's mir wie de Leit'.



Schon lange setzen Sie sich fiir die Buschmänner in Namibia ein. Das Projekt verfolgen Sie nach wie vor?


Ja, inzwischen seit 20 Jahren. Das sind immer sehr kleine Erfolgsschritte, da sich die Buschmänner ausschließlich von der Jagd ernähren. Sie halten keine Tiere. 2020 war ich in Namibia. Ich hoffe, dass ich im September wieder hinfliegen kann. Einfach, um den Kontakt zu den Leuten zu ha_lten. Inzwischen sind mehrere 10.000 Euro in dieses Projekt geflossen.



Sind sie noch aktiver Jäger?
Ich bin passionierter Tier- und Wildschützer. Leider ist die Jagd sehr in Verruf gekommen. Ich habe zwar schon Trophäen gejagt, aber das ist nicht nachhaltig. In den Bergen möchte ich gerne wieder auf die Jagd gehen. Im Ammerwaldgebirge war ·ich an einem Steinwild-Projekt beteiligt. Da hat sich inzwischen eine schöne Kolonie gebildet.



Auch hier in der Region haben sie sich für den Naturschutz stark gemacht.


Im Naturschutzbeirat der Stadt Frankenthal habe ich unter anderem Tipps für die Wiesenmahd gegeben, um beispielsweise Fasane zu schützen. Für das Geld, das ich als ehemaliges Mitglied des Stadtrats erhalten habe, habe ich einen Apfellehrpfad mit alten Sorten angelegt.



Sind Sie noch in der Mainzer Fasnacht aktiv?


Die Fasnacht ist mein großes Hobby. Da bin ich nach wie vor im Mainzer •Carneval Verein beratend tätig. Mehr als 50 Fasnachtszüge bin ich mitgeritten. Früher ging es ums Amüsieren, heute ist mir der Kontakt zu den Leuten wichtig. Ich bin außerdem noch Vorsitzender der Stiftung Spazierengehen, die mein Vater gegründet hat. 22 Jahre war ich Vorsitzender einer Bürgerstiftung in Rüsselsheim, die sich um den Erhalt der dortigen Festung kümmert. Sie wurde zum 100. Geburtstag von Adam Opel ins Leben gerufen. Heute bin ich dort noch im Beirat.



Jüngst haben Sie als Presbyter der Gemeinde in Mörsch kundgetan, dass Ihnen die Fusionsbestrebungen der Kirchenleitung für das Protestantische Dekanat nicht gefallen.


Ja, die Kirche muss zu den Gläubigen kommen. Da sind große Verwaltungseinheiten abträglich. Laien müssen verstärkt eingebunden werden, Männer und Frauen. In dieser Beziehung haben die großen Kirchen ihre Probleme, die katholische noch mehr als die evangelische. Die Kirchen leisten viel Gutes. Sie tun sich aber schwer damit, dies zu vermitteln.



Was treibt Sie lokalpolitisch um?


Was mit der Adamslust in Frankenthal passiert ist, das ärgert mich. Das hätte nicht passieren dürfen. Da bin ich von den Grünen sehr enttäuscht, dass sie dem zugestimmt haben. Das Hochhaus ii11 Pilgerpfad sollte man bauen. Die Renovierung des Museums halte ich für unpassend. Da hätte Wohnraum geschaffen werden können. Es gibt genug Räume in Frankenthal, in denen ausgestellt werden kann.



Und wie halten Sie es in Ihrem 81. Lebensjahr: Werden Sie altersmilde?
Ich bleibe ein kritischer Mensch.



INTERVIEW: STEFAN TRESCH

ZUR PERSON Carlo von Opel wurde am 15. Mai 1941 in Mainz geboren. 1962 war er Mitbegründer der Firma Chio-Chips, deren Name aus den Anfangsbuchstaben Carlo, Heinz, lrmgard Opel gebildet ist. Chio wurde 1978 an Funny-Frisch verkauft. Den landwirtschaftlichen Betrieb auf der Petersau gestaltete von Opel um in einen Reiterhof. Seit 1978 ist er verheiratet mit seiner Frau Marion.

Rheinpfalz, 9. Juli 2021