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Nepal - drei Reisegeschichten

Carlo von Opel



Wohin gehen wir?

 

Wieder einmal in Nepal, ging unsere Trekkingtour durch eine Landschaft, die durch den stetigen Blick auf den Ama Dablam bestimmt wird. Der Ama Dablam, dieser heilige Berg, der zu den schönsten der Welt gezählt wird, gilt auch als das Matterhorn des Himalayas, wäre er nicht über 2000 Meter höher.

Wieder einmal mit unseren Sherpas und den Trägern, die uns zu freundschaftlichen Begleitern wurden.

Unsere Zeit wurde vom Aufgehen der Sonne, dem freundlichen ,,Good Morning Tea", der Länge unserer Wanderungen sowie der abendlichen Dunkelheit und der hereinbrechenden Kälte bestimmt. Auch wenn wir uns keinen Müßiggang erlaubten, so hatten wir's doch niemals so richtig eilig. Gemeinsam gingen wir unseren Weg, ohne uns irgendwie drängen zu lassen oder uns vordrängen zu wollen. Nach drei Wochen erreichten wir Birethanti, erreichten wir die Zivilisation à la Nepal. Von dort sollte es per Bus nach Phokara, per Flug nach Kathmandu gehen. Wir erreichten die Straße, die wir wie eine Grenze zur modernen Welt empfanden. Die wenigen Autos zogen unangenehme Abgasfahnen hinter sich her. Wir trafen die ersten übergewichtigen Menschen, die mit wichtiger Miene Anweisungen gaben. Wir standen und schauten nach dem bestellten Bus, wir spürten die erste Hektik und Unfreundlichkeiten. Wir wurden eingewiesen, ließen uns antreiben, drängten uns vor. Wohin gehen wir?

3.9.2003, Carlo von Opel


Auf Trekkingtour durch Nepal

 

Nach langem Tagestrekking erreichte unsere kleine Gruppe eine sich aus einzelnen Anwesen zusammensetzende kleine Siedlung. als den warmen Sonnenstrahlen schon der kühle nächtliche Schatten folgte. Auf dem abgeernteten Felde eines Bauern schlugen wir unsere Zelte auf, als ich auf der Giebelseite seines Hauses, kaum geschützt von einem Balkon, ein Bündel Stoff liegen sah, das sich offensichtlich bewegte und meine Blicke anzog. Vielleicht liegt dort der Hund oder die Katze oder ein kleines Schwein, dachte ich mir. Am nächsten Morgen blickte ich wieder hin, und wieder schien sich etwas zu bewegen.

Doch meine Sinne waren Richtung Frühstückstisch gerichtet. Beim Losgehen, ich hatte mir schon den Rucksack „aufgesattelt“, schaute ich, nun doch neugierig geworden, noch einmal auf diese schmutzigen Stofflaken, aus denen sich zu meinem Erstaunen eine alte, offenbar verwirrte Dame aufsetzte und mich recht erstaunt, aber nicht unfreundlich anschaute.

Ich war empört, schimpfte innerlich auf das Land und seine Kultur und schloss mit der Feststellung – bei uns ist es halt doch besser, da wird christliche Nächstenliebe – wenigstens – gepredigt.


Beim Weitertrekken überlegte ich mir, wie es wohl der alten Frau bei uns ergangen wäre. Vielleicht hätten man sie in eine geschlossene Anstalt gesperrt und durch medikamentöse Behandlung zu einem möglichst einfach zu „händelnden“ Patienten gemacht. Vielleicht läge sie auch in einem Altersheim, ans Bett gefesselt, damit sie nicht die schmerzenden Drähte und Schläuche aus dem Bauch herausziehen kann.

Es scheint überall Kulturen zu geben, die den Alten kein menschliches Leben und kein Ableben in Würde bescheren.“


17. Januar 2001, Carlo von Opel

 


Vorweihnachtliche Besinnung


Stupas gibt es im ganzen indischen und Himalaya-Raum, deren größte in Nepals Hauptstadt, in Kathmandu, zu finden ist. Auf einer die Weltkugel symbolisierenden Halbkugel erhebt sich ein 40 Meter hoher Turm mit den alles sehenden Augen Buddhas, überragt von den 13 Himmeln, die von einem Schirm überdeckt werden.

Dieses über 1000 Jahre alte Bauwerk ist für alle Buddhisten – aber auch für die Hindus – ein Ort religiöser Gesinnung.

Wir hatten das Glück, diese Stupa, dieses in sich harmonische Gebäude, mit hunderttausend Kerzen geschmückt, zu erleben. Die Menschen umrunden die Stupa stets im Uhrzeigersinn, bewegen sich auf den verschiedenen Plattformen. Viele murmeln Gebete, lassen eine Gebetskette durch die Hände gleiten oder drehen in der rechten Hand die Gebetsmühlen, die in großer Zahl an der Stupa angebracht sind.


Die Menschen gehen immer wieder um die Stupa, viele ältere in schon etwas gedrückter Haltung, einzele legen sich nach jeder Körperlänge auf den Boden. Auch die Geschäfte und die Einkehrmöglichkeiten um die Stupa waren mit Kerzen geschmückt. All das, fröhliche Gelassenheit, die Ruhe, die von vielen hundert oder gar tausend Menschen ausging, erfasste uns, ließ uns einreihen in die Kette der Gläubigen.

Schon am Nachmittag waren wir dort. Unser nepalesischer Führer halt mit, ein paar der kleinen Schalten, gefüllt mit Öl, aufzustellen, damit sie abends entzündet werden konnten. Später saßen wir einfach und schauten auf die vielen Menschen, die, einer inneren Eingebung folgend, um die Stupa schritten unter den – alles sehenden Augen Buddhas. Wir haben sie in uns aufgenommen, diese von Frieden und Eintracht erfüllte Ruhe.
Sie wird uns durch die Hektik unserer Weihnachtsfeiertage begleiten.“


6.12.2000 Carlo von Opel