Die Eisdecke verdickt sich durch viel Schnee und Regen, der festfriert. Also   wird auch mal was wegtauen müssen.
          
        Grönland gehört - wie die Faröer   Inseln - zum Königreich Dänemark, verwaltet sich jedoch seit 1979 selbst.   Offizielle Landessprache ist grönländisch, doch im öffentlichen Leben wird viel   dänisch gesprochen - man will sich ja miteinander verständigen, was zwischen den   West- und den Ostgrönländern nicht (mehr) möglich ist. Alle dänischen Ortsnamen   wurden durch grönländische ersetzt, was die Orientierung nicht erleichtert. Die   Wälder sind eher überschaubar, d. h., man kann nicht hinein, man kann nur darauf   treten. Entsprechend spärlich ist die Flora. Ziegen, Schafe und Kühe werden   nicht - oder auch noch nicht - gehalten - außer ganz im Süden. (Das einzige, was   kalbt, sind die Gletscher). 
        
        Die Inuit halten keine Haustiere, nur Hunde.   Das sind dort Nutztiere, wie bei uns Kühe oder Schweine. Den ganzen Sommer sind   sie an langen Ketten angebunden, haben kleine Hütten und dürfen nicht zu viel   gefüttert werden, bevor sie im Winter vor den Schneeschlitten kommen. - Immer   noch das wichtigste Beförderungsmittel.
        
        Auch die Tierwelt ist   überschaubar. Es gibt den seltenen Polarwolf und den Polarfuchs, die sich vor   allem für die Schneehasen interessieren, wie auch den Blaufuchs, der sich   überall aufhält, wo es was zu fressen gibt, also auch schon mal am Flughafen.   Weit verbreitet ist der Eisbär. Rentiere leben ausschließlich an der Westküste   und die Moschusochsen im Norden und Nordosten.
        
        Ab und an lassen sich   Eisbären - meist unerfahrene Jungtiere - auf großen Eisbergen Richtung   Südgrönland treiben. Das gibt dann die schönen Fotos, wenn der Eisbär auf der   kleiner gewordenen Scholle sitzt, mit der Überschrift, dass in Grönland das Eis   schmilzt und die Eisbären nichts mehr zu fressen haben.
        
        Den Eisbären   macht's wohl wenig aus, ob nun 74 oder 76 % Eis Grönland deckt. Sie leben an der   viele Tausend Kilometer langen Küste, wo's vom Eis ins Meer geht, weil sie sich   von Seefischen - hauptsächlich Robben - ernähren, anders als ihre Kolleginnen   und Kollegen im Norden Amerikas und auf Spitzbergen, die auch auf Rentiere und   Moschusochsen jagen.
        
        Robbenfleisch ist seit jeher die Nahrungsgrundlage   für die Bewohner Grönlands. Ein Erlebnis ist für die Inuit natürlich die   Waljagd, und die dürfen sie auch für den Hausgebrauch betreiben.
        
        Robben   gibt's in ungeheuren Mengen, doch als Green-Peace kein Mittel zu schade war, um   die Robbenjagd zu verteufeln, sank der Preis für Robbenfleisch und Robbenfelle   in den Keller. Den Inuit war ihre Einkommensquelle genommen. Armut - gefolgt   von
        Alkoholismus und sexuellen Übergriffen - war die Folge. Nunmehr wird der   Preis für Robbenfell von der dänischen Regierung bezuschusst, wodurch den Inuit   wieder mehr 
        Freude am Leben gegeben wurde. - Mit der   Babyrobben-Abschlachterei in Kanada haben die Inuit nichts zu tun, mussten aber   dafür büßen.
        
        Die Eskimos kommen vermutlich aus dem Norden der Mongolei -   sie wurden von den Südmongolen vertrieben. Es gelang ihnen nicht, in   Waldgebieten wieder sesshaft zu werden, weil diese von anderen Völkern -   beispielsweise den Indianern - besetzt waren. Also waren sie gezwungen, in die   lebensbedrohenden arktischen Reviere auszuweichen, wobei sie stets dem Zug der   Tiere, der Karibu- und Moschusherden folgten.
        
        2.500 v.Chr. zogen die   ersten Inuit von Kanada nach Nordgrönland ein und besiedelten die Küste bis zum   Süden und nach Ostgrönland.
        
        In den Winterhäusern, den Erdhöhlen, war es   ein Leben auf engstem Raum. Die Kinder brauchten nicht aufgeklärt zu werden. Sie   wurden gestillt bis das nächste kam. Sie waren der wertvollste Besitz einer   Familie, wobei es keine Rolle spielte, wer der Vater war. Doch für einen Jäger,   von dem sie schon früh das Handwerk erlernten, waren sie die   Altersversorgung.
        
        Das Jagen von Wild war alleine Sache des Mannes. Alle   anderen Arbeiten verrichtete die Frau.
        
        Die lebensnotwendigen Vitamine   lieferten vielerlei Kräuter und Gräser. Unser Begleiter erzählte uns, wie er mal   mit einem Inuit grasend einen Hang hinauf ging. Für die  Wintermonate gab es   dann eine Art Blaubeeren - solange der Vorrat reichte. 
        
        Fisch, die   Meeressäugetiere und die Landtiere aßen die Inuit roh - am liebsten, so lange   das Blut noch warm war, und damit taten sie etwas gegen den Vitaminmangel. Auch   gab es zum Zubereiten kein Holz, nur Fett von Fischen oder Tran, was nur zum   Erwärmen reichte.
        
        Feste Mahlzeiten, an die wir uns früher so genau   hielten, gab es natürlich nicht. Gegessen wurde, wenn was auf den nicht   vorhandenen Tisch kam. Das sollten aber auch schon mal 2 kg pro Gourmet gewesen   sein.
        
        Vor allem die Polar-Inuit verstehen es, Fleisch über Monate   einzulagern, welches dann in steingefassten Höhlen fermentiert. - Das ist etwa   so, wenn Milch nicht verdirbt, sondern Käse daraus wird. Tatsächlich hätten die   fermentierten Nahrungsvorräte einen Käsegeschmack. Ob sie allerdings auch so   riechen, konnte nicht ermittelt werden
        
        Bis Mitte des 20. Jh. lebten die   Inuit Ostgrönlands in Erdhäusern. Der Eingang war unten, darüber liegend die   Wohnräume, dort lebte die Großfamilie auf engstem Raum. Wenn über den   Specklampen Fleisch gekocht wurde, dann war es so feucht und heiß, dass jedes   Kleid zu viel war.
        
        Bei größeren Festen wurde es in den Erdhäusern sehr   eng, weshalb die Frauen fast alle Kleider ablegten, bevor sie auf den Bänken   Platz nahmen, und die Männer lagen nicht nur neben-, sondern auch übereinander   auf dem Boden. Weil es in Ostgrönland zum Bauen nur aus Sibirien angeschwemmtes   Treibholz gab, waren die Räume entsprechend klein, doch groß genug für   Vorführungen und zum Weitererzählen alter Geschichten, die sich meistens um die   Jagd drehten oder auch um Dämonen und andere Ungeheuer, die ihren Naturglauben   bestimmten. Übrigens hat sich in Ostgrönland aufgrund der Abgeschiedenheit eine   eigene Glaubensrichtung entwickelt, wovon Vieles verloren geht, weil   ostgrönländisch nicht geschrieben wird.
        
        Die Grönländer mussten mit dem   zurechtkommen, was sie hatten. - Das war nicht viel. Sie konnten keinen Boden   bebauen und keine Haustiere halten, außer ihre Hunde. Sie hatten nicht einmal   Holz zum Heizen, nur Treibholz. Um im Winter Wasser zu haben, mussten sie den   Schnee auftauen. Sie glaubten an böse und gute Geister. 
        Bei den Inuit hat   alles Gute auch sein Schlechtes. Der gute, warme Südwind "Frauenwind" bringt   Wärme und Feuchtigkeit und Schnee, damit die Schlitten wieder fahren können.   Doch zu viel des Guten bringt zu viel Schnee.
        
        Der schlechte Nordwind   "Männerwind" bringt Kälte und gewaltige Stürme. Aber er presst den Schnee und   macht das Wasser fest, so dass die Schlitten wieder fahren können. 
        
        Die   Feuer aus Walfischfett, bzw. die Specklampen, brannten das ganze Jahr. Auf ihnen   wurde gekocht, bzw. reichte es meist nur zum Erhitzen. Das Feuer brachte Licht   und Wärme, und wenn es erlosch, dann erlosch auch das Leben.
        
        Liebe Gäste   waren stets willkommen, und hatte der Hausherr das Bedürfnis, dem Gast etwas   Besonderes zu bieten, so war es seine Frau - er konnte ja nicht die beste   Flasche Wein aus dem Keller holen. - Von der Steinzeit bis in unsere heutige   war's für die Inuit nur ein kleiner Schritt.
        
        Die Inuit hinterließen uns   keine Gebäude und keine Kunstwerke. Sie hinterließen sich selbst, und das war   schon eine Kunst.
        
        Ostgrönland konnte sich über Jahrhunderte mit einem   dicken Packeisgürtel Wikingern und anderer Nordmänner erwehren. Nur den Eskimos   mit ihren fellüberzogenen Kajaks gelang es anzulanden. Doch die wechselnden   Witterungsverhältnisse ließen keine dauerhafte Gründung von Siedlungen zu. Als   ausgangs des 19. Jh. Dänemark eine ostgrönländische Kolonie gründete,   verbesserte sich der Gesundheits- und Ernährungszustand der Bevölkerung   erheblich.
        
        Immer wieder neue Inuit-Stämme sind aus Richtung Kanada   eingewandert. Manche starben aus, manche vermehrten und vermischten sich. Es   kamen Europäer als Einwanderer, aber auch Schiffbrüchige. So gibt es Inuit von   breiter oder schmaler Statur, hellgelber oder dunkler Hautfarbe.
        
        Im Jahre   895 hatten die Wikinger Gunnbjurnulfsson und Snaebjörn Gldi, Grönlands Ostküste,   erreicht. Ich konnte es nicht so genau nachprüfen, jedenfalls wurde von diesen   fremden Siedlern die damalige Wärmezeit genutzt, bis ab dem 14. Jh. die Europäer   dem kälter werdenden Klima weichen mussten. Ab dem 17. Jh. wurde dann   Südgrönland zunächst von holländischen Walfängern, später von Dänen und   Norwegern dauerhaft besiedelt.
        
        Anfang des 20. Jh. begann die lutherische   Volkskirche Dänemarks eine erfolgreiche Christianisierung. Nach der Taufe gab es   ein schönes Essen, und die religiösen Feste werden nun von einem Volk, das gerne   feiert, entsprechend begangen. Die Zeit der Geisterbeschwörer, der   Medizinmänner, der Schamanen und der gefährlichen Eingeweide-Herausnehmerin war   jetzt erst mal vorüber, doch in der Lebensführung der Inuit gibt's noch vieles,   was wir Aberglaube nennen und wie wir es auch in Europa   finden.
        
        Ostgrönland wurde erst viel später von den Europäern   wiederentdeckt. Als ein amerikanisches Kriegsschiff Anfang der 40-er Jahre   einlief, glaubten die Inuit an ein gewaltiges Ungeheuer - sie fürchteten sich   sehr. Als sie dann die Menschen sahen, glaubten sie, dass deren Köpfe verkehrt   herum seien, weil die Haare nicht nach oben, sondern nach unten   wuchsen.
        
        1983 haben die letzten Inuit ihre Erdhäuser verlassen, und in   den wenigen warmen Monaten kommen Touristen ins Land.
        
        Die aus Knochen,   Geweihen oder Elfenbein geschnitzten, gespenstischen Figuren brauchen heute   keine Dämonen mehr zu vertreiben. Der Schnitzer freut sich über ein paar Kronen,   die er dafür erhält.
        
        Früher und bis in die heutige Zeit waren Wale und   vor allem Robben das tägliche Fleisch der Inuit; aber auch Seebären wurden von   den kleinen 1-Mann-Kajaks aus harpuniert und dann geschossen - also stehend,   freihändig im schwankenden Boot auf ein schwimmendes Tier, ist schon anders als   vom Hochsitz auf verharrendes Wild.
        
        Die mit Seehundfellen überzogenen   Kajaks, wie auch die Kleidung incl. der gesamten Kopfbedeckung, alles wurde   wasserdicht genäht und bedurfte ständiger Pflege. "Keine
        Maschine könne so   genau nähen, wie die Inuit- Frauen", wurde uns gesagt.
        
        An der Leine zur   Harpune sind eine oder auch mehrere mit Luft gefüllte Seehundblasen, die das   harpunierte Tier nach oben halten, angebracht. Die Kunst ist dann, diesen   vielleicht 1/2 Tonne schweren Wal an Land oder auf einen Eisberg zu bringen. 
        
        Hatte die luftgefüllte Seehundblase zu wenig Auftrieb, so wurde   beispielsweise in die Robbe selbst Luft geblasen.
        Eine modernere Jagdart ist   den Inuit nicht mehr erlaubt.
        
        Auf der Jagd verlassen sich die Inuit auf   ihr Gefühl. Denn dies reicht weiter als der Menschenverstand, der ja nur   erfasst, was wir sehen und was wir begreifen können. Sie fühlen, ob Wale kommen,   wo die Robben sind und ob die Lachse ziehen. Wenn sie in die Eisdecke ein Loch   bohren, um Fische zu angeln, dann an einer bestimmten Stelle, aber sie können   das nicht erklären.
        
        Wenn ein Volk mit noch weniger zurecht kommt, als die   San, dann sind's die Inuit. Ihr Schritt von der Steinzeit ins heutige Dasein kam   überraschend, viele ältere Menschen sind in Erdhäusern aufgewachsen. Keines der   Wohnhäuser von Tasiilaq, der größten Ostgrönländischen Ansiedlung, verfügt über   Wasseranschluss. Die Sozialabwässer werden abgeholt und die bis 300 km/h starken   Stürme wirbeln die Aufschüttung der großen Müllhalde über weites   Gelände.
        
        Die Selbstmordrate ist in Grönland hoch. Mag es vielleicht auch   daran liegen, weil es von gewisser Tradition bei den Inuit ist, dass die   Kranken, die ihrer Familie nicht mehr dienen können, im Schnee oder im Wasser   den Tod suchen. - Na ja, mittlerweile können sie ja zum Arzt gehen. Sicherlich   hat sich auch ihr sog. Wohlstand verbessert. Aber, ob sie deshalb zufriedener   sind, ist eine andere Frage.
        
        Vieles hat sich geändert. Doch, in Vielem   sind sich die Inuit treu geblieben. Wenn z. B. ein Mädchen ca. 16 / 17 Jahre alt   geworden ist, dann wünscht sie sich ein Kind, weil es dann einfacher ist, den   Mann fürs Leben zu finden. Denn die Kinder sind die Altersrente.
        
        Immer   weniger Inuit fahren aufs Meer, um Fische zu fangen oder, um im Land nach Vögeln   und Säugetieren zu jagen. Es gibt ein paar Arbeitsplätze in der heimischen   Fischindustrie im Hafen, doch die Arbeitslosigkeit ist überaus groß.  
        Mit   dem Handy am Ohr, im Freundeskreis durch den Ort zu schlendern oder durch den   Supermarkt zu gehen, ist doch für die Jugendlichen etwas viel Schöneres als.....   So  ist es  auch in Grönland.
        
        Vor den Handys brachten die Fremden den   Alkohol, die Zigaretten und auch andere Krankheitserreger ins Land. Doch mit   ihrer Trinkkultur und ihren Mühen zur Gesundheitserhaltung, sind die Fremden   kein Vorbild.
        
        Wer Grönland besucht, kann ins Schwärmen kommen, und so   ging's auch den Mücken, die uns nach Anflug und Bootsfahrt in Schwärmen   begrüßten. Also, die kommen so richtig ins Schwärmen, so freuen sie sich über   jeden einzelnen Touristen. "Ihr habt Glück", so wurde uns gleich gesagt, denn   "die Stechmückenzeit ist schon vorüber. Es sind nur noch die kleinen Mücken da,   die sich nicht vertreiben lassen - wollen". Ohne Mückennetz überm Kopf läuft   meist nichts, wenn man das Land so richtig schön erleben will.
        
        Als wir im   August in Grönland waren, da schmolz das Eis. Das ist in jedem August so - nicht   nur wenn die Kanzlerin kommt. Aber auch die Gletscher wären in den letzten   Jahren zurückgegangen. - Also nicht nur die Kanzlerin bringt das Eis zum   Schmelzen. 
        
        Sicher wird das Grönlandklima auch vom Golf- und dem   Polarstrom beeinflusst, wer halt gerade mal Oberwasser hat.
        
        Ob diese   andauernde Klimaveränderung über Jahrzehnte oder Jahrhunderte läuft, wissen wir   nicht. Es ist wie das Boot, mit dem wir über das Eismeer fuhren. Wir spüren die   Wellen, in denen es schaukelt. Wir wissen von den Wogen, auf denen das Boot auf   und nieder geht, aber wir sehen nur bis zum Horizont. Doch, was wissen wir vom   Lauf der Gezeiten, vom ewigen Austausch des Klimas zwischen dem Äquator und den   Polen?!
        
        Carlo von Opel